VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung
Artikel 83 - Grundsatz
Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.
Artikel 84 - Aufsicht
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren,
soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes
bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine
Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß
die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß
ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu
den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und falls
diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den
nachgeordneten Behörden.
(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung
der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt,
so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der
Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß
des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis
verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen.
Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich
erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.
Artikel 85 - Delegieren von Kompetenzen
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des Bundes
aus, so bleibt die Einrichtung der Behörden Angelegenheit der Länder,
soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes
bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine
Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann die einheitliche Ausbildung
der Beamten und Angestellten regeln. Die Leiter der Mittelbehörden
sind mit ihrem Einvernehmen zu bestellen.
(3) Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständigen
obersten Bundesbehörden. Die Weisungen sind, außer wenn die
Bundesregierung es für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden
zu richten. Der Vollzug der Weisung ist durch die obersten Landesbehörden
sicherzustellen.
(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmäßigkeit
und Zweckmäßigkeit der Ausführung. Die Bundesregierung
kann zu diesem Zwecke Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Beauftragte
zu allen Behörden entsenden.
Artikel 86 - Verwaltungsvorschriften des Bundes
Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch
bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen
Rechtes aus, so erläßt die Bundesregierung, soweit nicht das
Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften.
Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Einrichtung
der Behörden.
Artikel 87 - Aufgabengebiete der Bundesverwaltung
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden
geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und
nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen
und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden,
Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen,
für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke
des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet,
die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen
Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt,
deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes
hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich
sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei
Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare
Körperschaften des öffentlichen Rechts geführt, wenn das
aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt
ist.
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die
dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden
und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen
Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten,
für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können
bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung
des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet
werden.
Artikel 87a - Bundeswehrverwaltung
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige
Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich
aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte
nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle
die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung
wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages
erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle
und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung
polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte
wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die
freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann
die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen
und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen,
Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes
beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter
und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz
von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat
es verlangen.
Artikel 87b - Bundeswehrverwaltung
(1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung mit eigenem
Verwaltungsunterbau geführt. Sie dient den Aufgaben des Personalwesens
und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Aufgaben
der Beschädigtenversorgung und des Bauwesens können der Bundeswehrverwaltung
nur durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, übertragen
werden. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze, soweit
sie die Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen in Rechte Dritter ermächtigen;
das gilt nicht für Gesetze auf dem Gebiete des Personalwesens.
(2) Im übrigen können Bundesgesetze, die der Verteidigung
einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevölkerung
dienen, mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß sie ganz oder
teilweise in bundeseigener Verwaltung mit einem Verwaltungsunterbau oder
von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden. Werden
solche Gesetze von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt,
so können sie mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß
die der Bundesregierung und den zuständigen obersten Bundesbehörden
auf Grund des Artikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise Bundesoberbehörden
übertragen werden; dabei kann bestimmt werden, daß diese Behörden
beim Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften gemäß Artikel
85 Abs. 2 Satz 1 nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.
Artikel 87c - Kernenergie
Gesetze, die auf Grund des Artikels 74 Nr. 11 a ergehen, können
mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß sie von den Ländern
im Auftrage des Bundes ausgeführt werden.
Artikel 87d - Verwaltung des Luftverkehrs
(1) Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung geführt.
über die öffentlich-rechtliche oder privat-rechtliche Organisationsform
wird durch Bundesgesetz entschieden.
(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
können Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den Ländern als Auftragsverwaltung
übertragen werden.
Artikel 87e - Verwaltung des Eisenbahnverkehrs
(1) Die Eisenbahnverkehrsverwaltung für die Eisenbahnen des Bundes
wird in bundeseigener Verwaltung geführt. Durch Bundesgesetz können
Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung den Ländern als eigene Angelegenheit
übertragen werden.
(2) Der Bund nimmt die über den Bereich der Eisenbahnen des Bundes
hinausgehenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung wahr, die ihm durch
Bundesgesetz übertragen werden.
(3) Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher
Form geführt. Diese stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit
des Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben
von Schienenwegen umfaßt. Die Veräußerung von Anteilen
des Bundes an den Unternehmen nach Satz 2 erfolgt auf Grund eines Gesetzes;
die Mehrheit der Anteile an diesen Unternehmen verbleibt beim Bund.
(4) Der Bund gewährleistet, daß dem Wohl der Allgemeinheit,
insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des
Schienengeseetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten
aus diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr
betreffen, Rechnung getragen wird. Das Nähere wird durch Bundesgesetz
geregelt.
(5) Gesetze auf Grund der Absätze 1 bis 4 bedürfen der Zustimmung
des Bundesrates. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze,
die die Auflösung, die Verschmelzung und die Aufspaltung von Eisenbahnunternehmen
des Bundes, die Übertragung von Schienenwegen der Eisenbahnen des
Bundes an Dritte sowie die Stillegung von Schienenwegen der Eisenbahnen
des Bundes regeln oder Auswirkungen auf den Schienenpersonennahverkehr
haben.
Artikel 87f - Post- und Telekommunikationswesen
(1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens
und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende
Dienstleistungen.
(2) Dienstleistungen im sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche
Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost
hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht.
Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation werden
in bundeseigener Verwaltung ausgeführt.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform
einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne
Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost
hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.
Artikel 88 - Bundesbank
Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank.
Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen der Europäischen
Union der Europäischen Zentralbank übertragen werden, die unabhängig
ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.
Artikel 89 - Verwaltung der Bundeswasserstraßen
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen.
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden.
Er nimmt die über den Bereich eines Landes hinausgehenden staatlichen
Aufgaben der Binnenschiffahrt und die Aufgaben der Seeschiffahrt wahr,
die ihm durch Gesetz übertragen werden. Er kann die Verwaltung von
Bundeswasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes liegen, diesem
Lande auf Antrag als Auftragsverwaltung übertragen. Berührt eine
Wasserstraße das Gebiet mehrerer Länder, so kann der Bund das
Land beauftragen, für das die beteiligten Länder es beantragen.
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasserstraßen
sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im
Einvernehmen mit den Ländern zu wahren.
Artikel 90 - Eigentümer der Bundesstraßen
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsautobahnen und
Reichsstraßen.
(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften
verwalten die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs
im Auftrage des Bundes.
(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnen und sonstige
Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes
liegen, in bundeseigene Verwaltung übernehmen.
Artikel 91 - Bedrohung der freiheitlich demokratischen Grundordnung
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die
freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann
ein Land Polizeikräfte anderer Länder sowie Kräfte und Einrichtungen
anderer Verwaltungen und des Bundesgrenzschutzes anfordern.
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung
der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei
in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen
unterstellen sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die Anordnung
ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen jederzeit auf Verlangen
des Bundesrates aufzuheben. Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr
als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen
Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen;
Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.
VIIIa. Gemeinschaftsaufgaben
Artikel 91a - Bund und Länder
(1) Der Bund wirkt auf folgenden Gebieten bei der Erfüllung von
Aufgaben der Länder mit, wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit
bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse
erforderlich ist (Gemeinschaftsaufgaben):
1. Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken,
2. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur,
3. Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.
(2) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates werden die Gemeinschaftsaufgaben
näher bestimmt. Das Gesetz soll allgemeine Grundsätze für
ihre Erfüllung enthalten.
(3) Das Gesetz trifft Bestimmungen über das Verfahren und über
Einrichtungen für eine gemeinsame Rahmenplanung. Die Aufnahme eines
Vorhabens in die Rahmenplanung bedarf der Zustimmung des Landes, in dessen
Gebiet es durchgeführt wird.
(4) Der Bund trägt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und
2 die Hälfte der Ausgaben in jedem Land. In den Fällen des Absatzes
1 Nr. 3 trägt der Bund mindestens die Hälfte; die Beteiligung
ist für alle Länder einheitlich festzusetzen. Das Nähere
regelt das Gesetz. Die Bereitstellung der Mittel bleibt der Feststellung
in den Haushaltsplänen des Bundes und der Länder vorbehalten.
(5) Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen über die
Durchführung der Gemeinschaftsaufgaben zu unterrichten.
Artikel 91b - Bildung und Forschung
Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen bei der Bildungsplanung und bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken. Die Aufteilung der Kosten wird in der Vereinbarung geregelt.
IX. Die Rechtsprechung
Artikel 92 - Die Justiz
Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch
das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen
Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.
Artikel 93 - Das Bundesverfassungsgericht
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von
Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten
Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder
in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten
ausgestattet sind;
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche
und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem
Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte
auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels
der Mitglieder des Bundestages;
2a. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche
und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem
Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht
auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels
der Mitglieder des Bundestags;
3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des
Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht
durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht;
4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem
Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb
eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4 a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung
erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem
seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101,
103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4 b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden
wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch
ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim
Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch
Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.
Artikel 94 - Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und anderen
Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur
Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrate gewählt. Sie dürfen
weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechenden
Organen eines Landes angehören.
(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahren und
bestimmt, in welchen Fällen seine Entscheidungen Gesetzeskraft haben.
Es kann für Verfassungsbeschwerden die vorherige Erschöpfung
des Rechtsweges zur Voraussetzung machen und ein besonderes Annahmeverfahren
vorsehen.
Artikel 95 - Oberste Behörden der Rechtsprechung
(1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-,
der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste
Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht,
den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.
(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet
der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam
mit einem Richterwahlausschuß, der aus den für das jeweilige
Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen
Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestage gewählt werden.
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein Gemeinsamer
Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt
ein Bundesgesetz.
Artikel 96 - Einrichtung von Bundesgerichten
(1) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes
ein Bundesgericht errichten.
(2) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte
als Bundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit
nur im Verteidigungsfalle sowie über Angehörige der Streitkräfte
ausüben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen
eingeschifft sind. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Diese Gerichte
gehören zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers. Ihre
hauptamtlichen Richter müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
(3) Oberster Gerichtshof für die in Absatz 1 und 2 genannten Gerichte
ist der Bundesgerichtshof.
(4) Der Bund kann für Personen, die zu ihm in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis stehen, Bundesgerichte zur Entscheidung in Disziplinarverfahren
und Beschwerdeverfahren errichten.
(5) Für Strafverfahren auf den Gebieten des Artikels 26 Abs. 1
und des Staatsschutzes kann ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
vorsehen, daß Gerichte der Länder Gerichtsbarkeit des Bundes
ausüben.
Artikel 97 - Richterliche Autonomie
(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten
Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung
und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen,
vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes
enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden.
Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf
Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei VerÄnderung
der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an
ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch
nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
Artikel 98 - Rechtsstellung der Richter
(1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderes Bundesgesetz
zu regeln.
(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des Amtes gegen
die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige
Ordnung eines Landes verstößt, so kann das Bundesverfassungsgericht
mit Zweidrittelmehrheit auf Antrag des Bundestages anordnen, daß
der Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist.
Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes kann auf Entlassung erkannt
werden.
(3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durch besondere
Landesgesetze zu regeln. Der Bund kann Rahmenvorschriften erlassen, soweit
Artikel 74 a Abs. 4 nichts anderes bestimmt.
(4) Die Länder können bestimmen, daß über die
Anstellung der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam
mit einem Richterwahlausschuß entscheidet.
(5) Die Länder können für Landesrichter eine Absatz
2 entsprechende Regelung treffen. Geltendes Landesverfassungsrecht bleibt
unberührt. Die Entscheidung über eine Richteranklage steht dem
Bundesverfassungsgericht zu.
Artikel 99 - Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes
Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Landesgesetz die Entscheidung
von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, den in Artikel 95
Abs. 1 genannten obersten Gerichtshöfen für den letzten Rechtszug
die Entscheidung in solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich
um die Anwendung von Landesrecht handelt.
Artikel 100 - Gesetze verstoßen gegen die Verfassung
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es
bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren
auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes
handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen
Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes
handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies
gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht
oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze
handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreit zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes
Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten
für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des
Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder
des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Artikel 101 - Ausnahmegerichte
(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen
Richter entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz
errichtet werden.
Artikel 102 - Abschaffung der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Artikel 103 - Grundsätzlicher Anspruch vor Gericht
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich
bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze
mehrmals bestraft werden.
Artikel 104 - Die Freiheit der Person
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen
Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt
werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich
mißhandelt werden.
(2) über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung
hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterliche Anordnung
beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche
Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit
niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in
eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig
Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter
vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn
zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter
hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen
Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder
Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger
des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
X. Das Finanzwesen
Artikel 104a - Finanzierung der Ausgaben
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die
sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz
nichts anderes bestimmt.
(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der
Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.
(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern
ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen
ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß
der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im
Auftrage des Bundes durchgeführt. Bestimmt das Gesetz, daß die
Länder ein Viertel der Ausgaben oder mehr tragen, so bedarf es der
Zustimmung des Bundesrates.
(4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders
bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände)
gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im
Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich
sind. Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen,
wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder
auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt.
(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden
entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander
für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt
ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Artikel 105 - Kompetenz in der Finanzgesetzgebung
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die
Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen
Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht
oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2 a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über
die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie
nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern
oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt,
bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Artikel 106 - Umlage der Steuern
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern
stehen dem Bund zu:
1. die Zölle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern,
nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden
zustehen,
3. die Straßengüterverkehrsteuer,
4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung
des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7. Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
1. die Vermögensteuer,
2. die Erbschaftsteuer,
3. die Kraftfahrzeugsteuer,
4. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder
nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
5. die Biersteuer,
6. die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer
und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern),
soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen
der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am
Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der
Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von
Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung
ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
1. Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder
gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben.
Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen
Finanzplanung zu ermitteln.
2. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind
so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine
Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit
der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und
Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die
den Ländern ab 1.Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern
im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz
nach Satz 3.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind
neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen
und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt.
Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der
Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei
unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche
Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen
des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt
ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser
Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer,
der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen
ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß
die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem
Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage
eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden
weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden,
das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den
Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden
zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der
Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen
in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und
Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem
Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen
der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage
bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach
Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer
und der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer
als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern
fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von
der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen
bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern
den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen
(Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen
Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden)
nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen
Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden
bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels
gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
Artikel 106a - Finanzausgleich für Personennahverkehr
Den Ländern steht ab 1. Januar 1996 für den öffentlichen
Personennahverkehr ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zu. Das
Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf. Der Betrag nach Satz 1 bleibt bei der Bemessung der Finanzkraft
nach Artikel 107 Abs. 2 unberücksichtigt.
Artikel 107 - Finanzausgleich
(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen
der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer stehen den einzelnen
Ländern insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehörden in
ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind für die Körperschaftsteuer
und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen über die Abgrenzung sowie
über Art und Umfang der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu
treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung und
Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil
am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern nach Maßgabe
ihrer Einwohnerzahl zu; für einen Teil, höchstens jedoch für
ein Viertel dieses Länderanteils, können durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ergänzungsanteile für
die Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus den Landessteuern
und aus der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer je Einwohner
unter dem Durchschnitt der Länder liegen.
(2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen, daß die unterschiedliche
Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind
die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände)
zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Ausgleichsansprüche
der ausgleichsberechtigten Länder und für die Ausgleichsverbindlichkeiten
der ausgleichspflichtigen Länder sowie die Maßstäbe für
die Höhe der Ausgleichsleistungen sind in dem Gesetz zu bestimmen.
Es kann auch bestimmen, daß der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen
Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen
Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt.
Artikel 108 - Finanzverwaltung - Finanzgerichtsbarkeit
(1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern
einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und die Abgaben im Rahmen
der Europäischen Gemeinschaften werden durch Bundesfinanzbehörden
verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden wird durch Bundesgesetz geregelt.
Die Leiter der Mittelbehörden sind im Benehmen mit den Landesregierungen
zu bestellen.
(2) Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden
verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche Ausbildung
der Beamten können durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
geregelt werden. Die Leiter der Mittelbehörden sind im Einvernehmen
mit der Bundesregierung zu bestellen.
(3) Verwalten die Landesfinanzbehörden Steuern, die ganz oder
zum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im Auftrage des Bundes
tätig. Artikel 85 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, daß
an die Stelle der Bundesregierung der Bundesminister der Finanzen tritt.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
kann bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken von Bundes- und
Landesfinanzbehörden sowie für Steuern, die unter Absatz 1 fallen,
die Verwaltung durch Landesfinanzbehörden und für andere Steuern
die Verwaltung durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden, wenn
und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder
erleichtert wird. Für die den Gemeinden (Gemeindeverbänden) allein
zufließenden Steuern kann die den Landesfinanzbehörden zustehende
Verwaltung durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
übertragen werden.
(5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren wird
durch Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehörden und
in den Fällen des Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
anzuwendende Verfahren kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
geregelt werden.
(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz einheitlich geregelt.
(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen,
und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt.
Artikel 109 - Grundsätze der Haushaltswirtschaft
(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig
und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.
(3) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze
für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft
und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.
(4) Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
Vorschriften über 1. Höchstbeträge, Bedingungen und Zeitfolge
der Aufnahme von Krediten durch Gebietskörperschaften und Zweckverbände
und 2. eine Verpflichtung von Bund und Ländern, unverzinsliche Guthaben
bei der Deutschen Bundesbank zu unterhalten (Konjunkturausgleichsrücklagen),
erlassen werden. Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen
können nur der Bundesregierung erteilt werden. Die Rechtsverordnungen
bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Sie sind aufzuheben, soweit
der Bundestag es verlangt; das Nähere bestimmt das Bundesgesetz.
Artikel 110 - Bundesetat
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan
einzustellen; bei Bundesbetrieben und bei Sondervermögen brauchen
nur die Zuführungen oder die Ablieferungen eingestellt zu werden.
Der Haushaltsplan ist in Einnahme und Ausgabe auszugleichen.
(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,
nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz
festgestellt. Für Teile des Haushaltsplanes kann vorgesehen werden,
daß sie für unterschiedliche Zeiträume, nach Rechnungsjahren
getrennt, gelten.
(3) Die Gesetzesvorlage nach Absatz 2 Satz 1 sowie Vorlagen zur Änderung
des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes werden gleichzeitig mit der
Zuleitung an den Bundesrat beim Bundestage eingebracht; der Bundesrat ist
berechtigt, innerhalb von sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb
von drei Wochen, zu den Vorlagen Stellung zu nehmen.
(4) In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen
werden, die sich auf die Einnahmen und die Ausgaben des Bundes und auf
den Zeitraum beziehen, für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird.
Das Haushaltsgesetz kann vorschreiben, daß die Vorschriften erst
mit der Verkündung des nächsten Haushaltsgesetzes oder bei Ermächtigung
nach Artikel 115 zu einem späteren Zeitpunkt außer Kraft treten.
Artikel 111 - Vorzeitige Haushaltsausgaben
(1) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan
für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis
zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle Ausgaben
zu leisten, die nötig sind,
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich
beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu
erfüllen,
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder
Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den
Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern,
Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage die
Ausgaben unter Absatz 1 decken, darf die Bundesregierung die zur Aufrechterhaltung
der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines
Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes im Wege des Kredits
flüssig machen.
Artikel 112 - Etatüberschreitung
Überplanmäßige und außerplanmäßige
Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen.
Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses
erteilt werden. Näheres kann durch Bundesgesetz bestimmt werden.
Artikel 113 - Korrektur des Etats
(1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben
des Haushaltsplanes erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen
oder für die Zukunft mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung
der Bundesregierung. Das gleiche gilt für Gesetze, die Einnahmeminderungen
in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen. Die
Bundesregierung kann verlangen, daß der Bundestag die Beschlußfassung
über solche Gesetze aussetzt. In diesem Fall hat die Bundesregierung
innerhalb von sechs Wochen dem Bundestage eine Stellungnahme zuzuleiten.
(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen, nachdem der
Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen, daß der Bundestag
erneut Beschluß faßt.
(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen, kann die Bundesregierung
ihre Zustimmung nur innerhalb von sechs Wochen und nur dann versagen, wenn
sie vorher das Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz 2
eingeleitet hat. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt.
Artikel 114 - Rechenschaftsbericht des Bundesministers der Finanzen
(1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage und dem Bundesrate
über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen
und die Schulden im Laufe des nächsten Rechnungsjahres zur Entlastung
der Bundesregierung Rechnung zu legen.
(2) Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit
besitzen, prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit
der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung
unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten.
Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz
geregelt.
Artikel 115 - Beschaffung von Finanzen
(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die übernahme von Bürgschaften,
Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen
Rechnungsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe
nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz.
Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten
Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind
nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Für Sondervermögen des Bundes können durch Bundesgesetz
Ausnahmen von Absatz 1 zugelassen werden.