III. Der Bundestag
Artikel 38 - Demokratische Wahl
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner,
unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind
Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden
und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat;
wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit
eintritt.
3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Artikel 39 - Dauer einer Wahlperiode
(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode
endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet
frühestens fünfundvierzig, spätestens siebenundvierzig Monate
nach Beginn der Wahlperiode statt. Im Falle einer Auflösung des Bundestages
findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach
der Wahl zusammen.
(3) Der Bundestag bestimmt den Schluß und den Wiederbeginn seiner
Sitzungen. Der Präsident des Bundestages kann ihn früher einberufen.
Er ist hierzu verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitglieder, der Bundespräsident
oder der Bundeskanzler es verlangen.
Artikel 40 - Wahl des Bundestagspräsidenten
(1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter
und die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt
im Gebäude des Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung darf in den
Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
Artikel 41 - Überprüfung von Wahlen
(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch,
ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat.
(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das
Bundesverfassungsgericht zulässig.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 42 - Öffentliche Verhandlungen
(1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf Antrag eines Zehntels
seiner Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung kann mit Zweidrittelmehrheit
die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird
in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.
(2) Zu einem Beschlüsse des Bundestages ist die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen erforderlich, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
Für die vom Bundestage vorzunehmenden Wahlen kann die Geschäftsordnung
Ausnahmen zulassen.
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen
des Bundestages und seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit
frei.
Artikel 43 - Anwesenheit von Regierungs- und Bundesratsmitgliedern
(1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit
jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre
Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse
Zutritt. Sie müssen jederzeit gehört werden.
Artikel 44 - Untersuchungsausschüsse
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner
Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen,
der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt.
Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den Strafprozeß
sinngemäß Anwendung. Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
bleibt unberührt.
(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und Amtshilfe
verpflichtet.
(4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen
Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilung des der
Untersuchung zugrunde liegenden Sachverhaltes sind die Gerichte frei.
Artikel 45 - Angelegenheiten der Europäische Union
Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für die Angelegenheiten
der Europäischen Union. Er kann ihn ermächtigen, die Rechte des
Bundestages gemäß Artikel 23 gegenüber der Bundesregierung
wahrzunehmen.
Artikel 45a - Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswärtige
Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung.
(2) Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte eines
Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat
er die Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu
machen.
(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigung keine
Anwendung.
Artikel 45b - Wehrbeauftragter des Bundestages
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der
Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter
des Bundestages berufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 45c - Bitten und Beschwerden
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuß, dem die Behandlung
der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden
obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur überprüfung von Beschwerden
regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 46 - Immunität von Abgeordneten
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder
wegen einer äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner
Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst
außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies
gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter
nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet
werden, es sei denn, daß er bei Begehung der Tat oder im Laufe des
folgenden Tages festgenommen wird.
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen Beschränkung
der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung eines
Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß Artikel 18 erforderlich.
(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel
18 gegen einen Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschränkung
seiner persönlichen Freiheit sind auf Verlangen des Bundestages auszusetzen.
Artikel 47 - Zeugnisverweigerungsrecht von Abgeordneten
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer
Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen
anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu
verweigern. Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme
von Schriftstücken unzulässig.
Artikel 48 - Anspruch bei Bewerbung um Sitz im Bundestag
(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch auf den
zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.
(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen
und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde
ist unzulässig.
(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit
sichernde Entschädigung. Sie haben das Recht der freien Benutzung
aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 49 (aufgehoben)
IV. Der Bundesrat
Artikel 50 - Rolle
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und
Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union
mit.
Artikel 51 - Aufbau
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder,
die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder
ihrer Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als
zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen
Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern
sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat.
Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende
Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.
Artikel 52 - Präsident, Beschlußfassung, Geschäftsordnung, Europakammer
(1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr.
(2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn einzuberufen,
wenn die Vertreter von mindestens zwei Ländern oder die Bundesregierung
es verlangen.
(3) Der Bundesrat faßt seine Beschlüsse mit mindestens der
Mehrheit seiner Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Er verhandelt
öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.
(3 a) Für Angelegenheiten der Europäischen Union kann der
Bundesrat eine Europakammer bilden, deren Beschlüsse als Beschlüsse
des Bundesrates gelten; Artikel 51 Abs. 2 und 3 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Den Ausschüssen des Bundesrates können andere Mitglieder
oder Beauftragte der Regierungen der Länder angehören.
Artikel 53 - Engagement der Bundesregierung
Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und auf Verlangen die Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates und seiner Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen jederzeit gehört werden. Der Bundesrat ist von der Bundesregierung über die Führung der Geschäfte auf dem laufenden zu halten.
IVa. Gemeinsamer Ausschuß
Artikel 53a - Bildung des Gemeinsamen Ausschusses
(1) Der Gemeinsame Ausschuß besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten
des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die
Abgeordneten werden vom Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis
der Fraktionen bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören.
Jedes Land wird durch ein von ihm bestelltes Mitglied des Bundesrates vertreten;
diese Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen
Ausschusses und sein Verfahren werden durch eine Geschäftsordnung
geregelt, die vom Bundestage zu beschließen ist und der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuß über
ihre Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten. Die Rechte
des Bundestages und seiner Ausschüsse nach Artikel 43 Abs. 1 bleiben
unberührt.
V. Der Bundespräsident
Artikel 54 - Wahl
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung
gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage
besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschließende
Wiederwahl ist nur einmal zulässig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages
und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen
der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt
werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage
vor Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger Beendigung
spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen. Sie
wird von dem Präsidenten des Bundestages einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes 4 Satz
1 mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.
(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der
Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen
von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren
Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 55 - Voraussetzung für das Amt
(1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch einer gesetzgebenden
Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören.
(2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt, kein
Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate
eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
Artikel 56 - Amtsantritt
Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten
Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:
"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen
Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz
und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft
erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr
mir Gott helfe."
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.
Artikel 57 - Vertretung
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Verhinderung
oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des
Bundesrates wahrgenommen.
Artikel 58 - Anordnungen und Verfügungen
Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen
zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder
durch den zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für die
Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers, die Auflösung des Bundestages
gemäß Artikel 63 und das Ersuchen gemäß Artikel 69
Abs. 3.
Artikel 59 - Vertreter des Bundes
(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich.
Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen
Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.
(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln
oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen
der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung
zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.
Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung
entsprechend.
Artikel 59a (aufgehoben)
Artikel 60 - Ernennung von Bundesbeamten
(1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt die Bundesrichter,
die Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere, soweit gesetzlich
nichts anderes bestimmt ist.
(2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht
aus.
(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen.
(4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundespräsidenten
entsprechende Anwendung.
Artikel 61 - Gesetzesverletzungen
(1) Der Bundestag oder der Bundesrat können den Bundespräsidenten
wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen
Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen. Der Antrag auf
Erhebung der Anklage muß von mindestens einem Viertel der Mitglieder
des Bundestages oder einem Viertel der Stimmen des Bundesrates gestellt
werden. Der Beschluß auf Erhebung der Anklage bedarf der Mehrheit
von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages oder von zwei Dritteln
der Stimmen des Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftragten der
anklagenden Körperschaft vertreten.
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Bundespräsident
einer vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen
Bundesgesetzes schuldig ist, so kann es ihn des Amtes für verlustig
erklären. Durch einstweilige Anordnung kann es nach der Erhebung der
Anklage bestimmen, daß er an der Ausübung seines Amtes verhindert
ist.
VI. Die Bundesregierung
Artikel 62 - Mitglieder
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern.
Artikel 63 - Der Bundeskanzler
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten
vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des
Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten
zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag
binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner
Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet
unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer
die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen
der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der
Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht
der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident
binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Artikel 64 - Bundesminister - Amtseid
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten
ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme
vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.
Artikel 65 - Geschäftsordnung in der Bundesregierung
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt
dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder
Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter
eigener Verantwortung. über Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet
ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und
vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
Artikel 65a - Streitkräfte
Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und Kommandogewalt
über die Streitkräfte.
Artikel 66 - Berufsverbot
Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes
Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch
ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens angehören.
Artikel 67 - Mißtrauen im Bundestag
(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch
aussprechen, daß er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger
wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu
entlassen. Der Bundespräsident muß dem Ersuchen entsprechen
und den Gewählten ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig Stunden
liegen.
Artikel 68 - vorzeitige Bundestagsauflösung
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen,
nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann
der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig
Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt,
sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler
wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen achtundvierzig
Stunden liegen.
Artikel 69 - Stellvertreter des Bundeskanzlers
(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.
(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in
jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines
Bundesministers auch mit jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
(3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler,
auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten ein Bundesminister
verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.
Artikel 70 - Gesetzgebungsbefugnis
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses
Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern
bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über
die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.
VII. Die Gesetzgebung des Bundes
Artikel 71 - Zuständigkeit bei Bundesgesetzgebung
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben
die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie
hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.
Artikel 72 - Konkurrierende Gesetzgebung
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder
die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungszuständigkeit
nicht durch Gesetz Gebrauch macht.
(2) Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetzgebungsrecht, wenn und
soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet
oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen
Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche
Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne von Absatz 2 nicht
mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
Artikel 73 - Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2. die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3. die Freizügigkeit, das Paßwesen, die Ein- und Auswanderung
und die Auslieferung;
4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte
sowie die Zeitbestimmung;
5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge,
die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr
mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
6. den Luftverkehr;
6a. den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum
des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und
das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung
von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege;
7. das Postwesen und die Telekommunikation;
8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren
Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a) in der Kriminalpolizei,
b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des
Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz)
und
c) zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung
von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige
Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, sowie die Einrichtung
eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
11. die Statistik für Bundeszwecke.
Artikel 74 - Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht und den Strafvollzug,
die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren, die Rechtsanwaltschaft,
das Notariat und die Rechtsberatung;
2. das Personenstandswesen;
3. das Vereins- und Versammlungsrecht;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
4a. das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
5. (aufgehoben)
6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7. die öffentliche Fürsorge;
8. (aufgehoben)
9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10. die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
10a. die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges
und Opfer von Gewaltherrschaft;
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft,
Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches
Versicherungswesen);
11a. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken,
die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen,
den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch
ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe;
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des
Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung
einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der
wissenschaftlichen Forschung;
14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel
73 und 74 in Betracht kommt;
15. die überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen
und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16. die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung,
die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlichen
Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18. den Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht auf
Erschließungsbeiträge) und das landwirtschaftliche Pachtwesen,
das Wohnungswesen, das Siedlungs- und Heimstättenwesen;
19. die Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare
Krankheiten bei Menschen und Tieren, die Zulassung zu ärztlichen und
anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, den Verkehr mit Arzneien, Heil-
und Betäubungsmitteln und Giften;
19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung
der Krankenhauspflegesätze;
20. den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln, Bedarfsgegenständen,
Futtermitteln und land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut,
den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den
Tierschutz;
21. die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die
Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die
dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung
von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung
von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen
mit Fahrzeugen;
23. die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit
Ausnahme der Bergbahnen;
24. die Abfallbeseitigung, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung.
25. die Staatshaftung;
26. die künstliche Befruchtung beim Menschen, die Untersuchung
und die künstliche VerÄnderung von Erbinformationen sowie Regelungen
zur Transplantation von Organen und Geweben.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Artikel 74a - Der öffentlichen Dienst - Besoldung und Versorgung
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich ferner auf die Besoldung
und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die
in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen,
soweit dem Bund nicht nach Artikel 73 Nr. 8 die ausschließliche Gesetzgebung
zusteht.
(2) Bundesgesetze nach Absatz 1 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(3) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen auch Bundesgesetze
nach Artikel 73 Nr. 8, soweit sie andere Maßstäbe für den
Aufbau oder die Bemessung der Besoldung und Versorgung einschließlich
der Bewertung der ämter oder andere Mindest- oder Höchstbeträge
vorsehen als Bundesgesetze nach Absatz 1.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Besoldung
und Versorgung der Landesrichter. Für Gesetze nach Artikel 98 Abs.
1 gilt Absatz 3 entsprechend.
Artikel 75 - Übergreifende Rechte des Bundes
(1) Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72
Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen
über:
1. die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der
Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen
Rechtes stehenden Personen, soweit Artikel 74 a nichts anderes bestimmt;
1a. die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens;
2. die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse;
3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege;
4. die Bodenverteilung, die Raumordnung und den Wasserhaushalt;
5. das Melde- und Ausweiswesen;
6. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland.
Artikel 72 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Rahmenvorschriften dürfen nur in Ausnahmefällen in Einzelheiten
gehende oder unmittelbar geltende Regelungen enthalten.
(3) Erläßt der Bund Rahmenvorschriften, so sind die Länder
verpflichtet, innerhalb einer durch das Gesetz bestimmten angemessenen
Frist die erforderlichen Landesgesetze zu erlassen.
Artikel 76 - Gesetzesvorlagen
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung,
aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrate
zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu
diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere
mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung,
so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage,
die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders
eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat
ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem
Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht
bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich
nach Eingang dem Bundestage nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung
des Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel
23 und Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen;
Satz 4 findet keine Anwendung.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestage durch die Bundesregierung
innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung
darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht
auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt
die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als
besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei
Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert
hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung des Grundgesetzes und
zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 und Artikel 24
beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der
Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und
Beschluß zu fassen.
Artikel 77 - Die Gesetzgebung
(1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Sie sind nach
ihrer Annahme durch den Präsidenten des Bundestages unverzüglich
dem Bundesrate zuzuleiten.
(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses
verlangen, daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates
für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß
einberufen wird. Die Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses
regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und
der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß entsandten
Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. Ist zu einem
Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch
der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen. Schlägt
der Ausschuß eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat
der Bundestag erneut Beschluß zu fassen.
(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich
ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt
oder das Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des
Gesetzesbeschlusses beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung
Beschluß zu fassen.
(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich
ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist,
gegen ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch
einlegen. Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz
mit dem Eingange des vom Bundestage erneut gefaßten Beschlusses,
in allen anderen Fällen mit dem Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden
des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, daß das Verfahren vor dem
Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates
beschlossen, so kann er durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder
des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den Einspruch
mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen,
so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Mehrheit von
zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Artikel 78 - Bundesgesetz
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat
zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb
der Frist des Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt
oder wenn der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.
Artikel 79 - Grundgesetzänderung
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden,
das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt.
Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die
Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen
Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu
dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen
des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge
nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes,
die sich auf diese Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der
Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung
des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder
bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze
berührt werden, ist unzulässig.
Artikel 80 - Rechtsverordnungen
(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister
oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu
erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten
Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in
der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung
weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der
Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger
bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder
eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für
die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation,
über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung
der Einrichtungen der Eisenbahn des Bundes, über den Bau und Betrieb
der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen,
die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern
im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.
(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß
von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.
(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen
ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder
zu einer Regelung auch durch Gesetze befugt.
Artikel 80a - Sonderregelung bei Rechtsvorschriften
(1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz über die
Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung
bestimmt, daß Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels
angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer im Verteidigungsfalle
nur zulässig, wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles
festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt hat. Die Feststellung
des Spannungsfalles und die besondere Zustimmung in den Fällen des
Artikels 12 a Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit
von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach Absatz 1
sind aufzuheben, wenn der Bundestag es verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften
auch auf der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig,
der von einem internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages
mit Zustimmung der Bundesregierung gefaßt wird. Maßnahmen nach
diesem Absatz sind aufzuheben, wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner
Mitglieder verlangt.
Artikel 81 - Gesetzgebungsnotstand
(1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag nicht aufgelöst,
so kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung
des Bundesrates für eine Gesetzesvorlage den Gesetzgebungsnotstand
erklären, wenn der Bundestag sie ablehnt, obwohl die Bundesregierung
sie als dringlich bezeichnet hat. Das gleiche gilt, wenn eine Gesetzesvorlage
abgelehnt worden ist, obwohl der Bundeskanzler mit ihr den Antrag des Artikels
68 verbunden hatte.
(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklärung des
Gesetzgebungsnotstandes erneut ab oder nimmt er sie in einer für die
Bundesregierung als unannehmbar bezeichneten Fassung an, so gilt das Gesetz
als zustande gekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt. Das gleiche gilt,
wenn die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb von vier Wochen nach der
erneuten Einbringung verabschiedet wird.
(3) Während der Amtszeit eines Bundeskanzlers kann auch jede andere
vom Bundestage abgelehnte Gesetzesvorlage innerhalb einer Frist von sechs
Monaten nach der ersten Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes gemäß
Absatz 1 und 2 verabschiedet werden. Nach Ablauf der Frist ist während
der Amtszeit des gleichen Bundeskanzlers eine weitere Erklärung des
Gesetzgebungsnotstandes unzulässig.
(4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das nach Absatz 2 zustande
kommt, weder geändert, noch ganz oder teilweise außer Kraft
oder außer Anwendung gesetzt werden.
Artikel 82 - Inkrafttreten von Gesetzen
(1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen
Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt
und im Bundesgesetzblatte verkündet. Rechtsverordnungen werden von
der Stelle, die sie erläßt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger
gesetzlicher Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet.
(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens
bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem vierzehnten
Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben
worden ist.